Let's talk about ... das Leben als Au Pair

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Photo by Court Prather on Unsplash

Am 01.09 lebe und arbeite ich schon 5 Monate in den Staaten. Wie schnell die Zeit vergeht fällt mir momentan häufiger auf, weil ich merke, wie sich alles verändert in der Heimat. Aber dazu später mehr.
Das Leben als Au Pair wird auf den sozialen Netzwerken immer als sehr einfach dargestellt. Gibt man irgendwo #aupair ein, sieht man Mädels, die in Cafés sitzen, lachen, strahlen, roadtrips machen oder einfach wieder einen Gym-Tag eingelegt haben – alles mit dem „Party in the USA“-Song von Miley Cyrus im Hintergrund. Und ja, das sind die guten Seiten eines Au Pairs, die Abenteuer, die man erlebt, die Menschen die man kennenlernt, die Sonnenuntergänge am anderen Ende der Welt und das man sich weder Wasser noch Essen kaufen muss und sein ganzes Geld für neue Klamotten und Reisen ausgeben kann.

Aber da ist noch etwas anderes, was viele einfach schlichtweg vergessen, wenn sie nur die Hashtags sehen und sich total aufgeregt bei einer Organisation anmelden: die Kinder, auf die man aufpassen wird, bis zu 45 Stunden die Woche, bis zu 10 Stunden am Tag – ohne Pause

Auch Samstags arbeiten ist für die meisten relativ normal, genauso wie an Feiertagen oder am Abend. All das ist hier erlaubt und wir dementsprechend natürlich auch gerne genutzt. Wenn ich mit meinen Freundinnen hier spreche, dann sind wir uns einig: unter der Woche sehen wir die Kinder im wachen Zustand länger, als ihre Eltern es tun, wir erziehen die Kinder, wir waschen, füttern, wickeln sie, bringen ihnen das reden, laufen oder auf Toilette gehen bei und das, obwohl 90% aller Au Pairs dieser Tätigkeit zum ersten Mal nachgehen.


Klar können jetzt einige sagen, dass ich das ja alles gewohnt sein könnte, denn schließlich ist das mein Beruf, ich habe es gelernt. Und ja, vielleicht haben sie da ein Stückchen weit Recht mit und trotzdem ist es völlig anders. Gehe ich mit meinen beiden Kiddos raus, nehmen die Menschen erstmal an, dass ich die Mutter bin. Daran habe ich mich mittlerweile schon gewöhnt. Aber im Allgemeinen kommt meine Tätigkeit eher die einer Mom gleich, als die einer Erzieherin, denn keine Erzieherin holt die Kinder morgens aus dem Bett oder macht das Mittagessen fertig und versucht die Kinder davon abzuhalten, auf den Tisch zu klettern – in einem nicht kindgerechten Raum.

Dein Lieblingswort als Au Pair: Nap time/quiet time, weil es die Stunde ist, in der du alles in Ruhe sauber machen kannst, Wäsche wäscht und den Windel-Eimer leeren kannst und wenn du schnell genug bist, kannst du vielleicht noch ein bisschen deine Lieblingsserie weiterschauen (mit Glück gibt es die deutsche Übersetzung sogar bei Netflix US!). Das Wort, was Au Pairs als meistes benutzen: Nein – jeden Tag, hunderte Male. Denn wir müssen den Kindern die gesellschaftlichen Normen beibringen, auch wenn dies meist unsere eigenen sind, als die, die in dem Land gelten. Multi-Kulti, vor allem wenn das Au Pair vor dir aus Argentinien kam. Nein, du kannst nicht über die Couchlehne klettern, nein, das Essen aus dem Mund wird nicht wieder rausgeholt und auf den Boden geschmissen und nein, jetzt ist Schlafenszeit, du kannst nicht mehr mit dem Hund Ball spielen.

Photo by Markus Spiske on Unsplash

Regeln, dafür ist das Au Pair da, ein geregelter Alltag, Förderung, Grundbedürfnisse. Auch wenn ich nicht selbst davon betroffen bin, hört man am Ende des Tages von seinen Freunden: „Und ich war so stolz auf ihn, weil er heute vor den Mahlzeiten keinen Wutanfall bekommen hat, weil er keinen Keks durfte und dann kommt seine Mutter nach Hause und er schmeißt sich auf den Boden und schreit und sie gibt ihm ganz selbstverständlich den Keks, während sie das Abendbrot kocht.“ – und ja, ich weiß, dass die Eltern auch einen anstrengenden Tag hatten und einfach nur noch liebe und friedliche Kinder wollen, aber ich möchte es an dieser Stelle nicht auslassen: am Ende des Tages ist sowas meist vergessen und am nächsten Tag fängst du von vorne an.

Und dann kommt wahrscheinlich der härteste Punkt des Au Pair Seins: du lebst mit den Menschen, für die du auch arbeitest unter einem Dach.

Wie viele gruselige Au Pair Storys ich schon gehört habe, von Au Pairs die einen eigenen Esstisch hatten, nicht mit der Familie essen durften und ähnliches. Du bist niemals richtig „off duty“, außer du verlässt das Haus und du wirst jeden Streit deiner Gasteltern oder deiner Gastkinder hören, egal zu welcher Uhrzeit. Und wenn du nachts die Tür nicht abschließt, kann es auch vorkommen, dass die Kinder vor deinem Bett stehen, weil sie einen Albtraum hatten. Immerhin sehen sie dich öfter, als Mama und Papa. Es gibt auch Au Pairs, die haben bestimmte Regelungen, z.B. dass sie bis um 22 Uhr zuhause sein müssen, wenn sie am nächsten Tag arbeiten oder sie müssen jeden Tag kochen.

Nicht zu vergessen die Momente, wenn du mit deiner Gastfamilie beim Abendessen sitzt und sie dich fragen, wie die Kinder waren… und du eigentlich nur sagen möchtest, wie schlimm sie sich benommen haben, wie viele Wutanfälle sie heute hatten und alles ziemlich blöd gelaufen ist, aber du willst auch nicht die Stimmung kaputt machen, Streit zwischen den Eltern und den Kindern entflammen lassen, sondern einfach nur genießen, dass du ein gutes Essen hast und danach ganz schnell verschwinden kannst, um noch ein bisschen mit den Freunden abzuhängen, denn morgen früh um 7:15 Uhr fängst du schon wieder an zu arbeiten, musst fit und bereit sein, denn die Kinder werden aktiv und laut, schnell und wissbegierig sein. Denn das sind Kinder morgens – meistens jedenfalls.

Und das hört sich alles so grausam an und glaubt mir, das ist es meist auch, doch dann sind da die unglaublich schönen Momente, die alles so wunderbar machen.

Das erste „I love you“ oder „You’re the best au pair ever!“, Umarmungen und die ehrlichen Kinder-Augen, die dich vertrauensvoll anschauen.

Das Lachen, weil du dich gerade so zum Affen machst oder das enthusiastische Quicken, wenn sie endlich etwas zum ersten Mal hinbekommen und auch wenn es blöd klingt: das weinen, wenn du den Raum verlässt, weil du eigentlich schon seit einer halben Stunde Feierabend hast.
Irgendwo auf diesem Weg voller Tränen (die eigenen!), Wut und Überforderung hat man diese Kinder, auf die man tagtäglich aufpasst, zu lieben gelernt, vermisst sie, sobald sie mal für ein paar Tage nicht da sind (oder man selbst) und fühlt sich wie eine Mutter. Wie eine echte Mutter, die die Verantwortung für diese kleinen Lebewesen trägt.

Photo by The Honest Company on Unsplash
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liebt Kaffee, Cherry Coke und Cheez-It! Ich lebe momentan in der USA und arbeite hier, wodurch es von mir in Zukunft auch mehr Dinge zu Seattle und den United States im allgemeinen geben wird. Ich liebe Themen zum Thema Lifestyle, Reisen und Bücher ♥

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